Kübel-Trabant der ehemaligen Grenztruppen der DDR und mehr   – Gedanken und Hintergründe -

 


Grundsätzlich ist der Armeekübel erst einmal ein Auto und kein Täter. Täter können nur die Menschen sein, die eine Maschine als Waffe konstruieren oder als solche einsetzen.
Der Trabant wurde jedoch nicht als Waffe konstruiert sondern als Volkswagen der DDR.
Daraus entstand eine militärische Version für Verbindungs- und Patrouillenfahrten, u.a. an der innerdeutschen Grenze. Diese Grenze gibt es seit 1990 nicht mehr, die NVA wurde aufgelöst, ein Teil der Soldaten wurden in die Bundeswehr übernommen.
Für den Trabant Kübel mit seiner Technik aus den 1950iger Jahren gab es fortan keine Verwendung und Aufgabe mehr.
Die Restbestände der einstmals 8022 Kübel-Wagen wurden vom Bund verkauft, ausgestellt oder verschrottet.
Eine Demilitarisierung der Autos war nicht nötig, weil der Armeekübel nie ein Waffenträger war. Auch wurde er in keinem Krieg eingesetzt.
Was bleibt ist ein Produkt der DDR, ein Auto mit Kultstatus und vor allem ein Stück Zeitgeschichte!
Für einige Zweitbesitzer wurde der Kübel zum Spaß- und Freizeitauto, teilweise bunt lackiert und mit wesentlich mehr Musikpower nachgerüstet als er jemals Pferdestärken hatte. Es gibt auch Eigner, die nostalgische Grenzfahrten mit einem Kübel anbieten. Das ist natürlich Geschmacksache.
Mein NVA Trabant steht keinesfalls dafür, Spielzeug eines gelangweilten oder fanatischen Sammlers zu sein, sondern muss im Zusammenhang zu meiner Aufarbeitung und meinem Interesse für das gesellschaftspolitische Phänomen „Geteiltes Deutschland“ gesehen werden.
Die DDR nahm leider einen sehr großen Platz in meiner Familie und somit meiner Kindheit und Jugend ein.
Wir mussten jedes Jahr in die DDR reisen, um unsere Großeltern, Tanten, Onkels, Cousins und Cousinen zu besuchen. Die innerdeutsche Grenze verbot den Bürgern der DDR in den Westen zu reisen und so lag es an uns, den familiären Kontakt und die Familienbande zu halten.
Die Grenzübertritte mit all ihren Schikanen und Demütigungen waren für uns Ostreisende immer mit Angst, Hilflosigkeit und Ohnmacht verbunden.
Eine meiner sorgenvollsten Fantasien während meiner Aufenthalte in der DDR war, dass ich nicht mehr ausreisen dürfte. Mein Vater musste mir dann immer versprechen, dass auch ich an Weihnachten und Geburtstagen Geschenkpakete (keine Handelswaren!) von ihm geschickt bekomme.
Durch die Möglichkeit, nach der friedlichen Auflösung der NVA, Ausrüstungsgegenstände zu kaufen, wurde mir ein Stück weit die Macht gegeben, dem Regime etwas wegzunehmen. Aus Ohnmacht wurde somit Macht und die Symbole des Kalten Krieges erfuhren eine Entzauberung. Somit bin ich mit meinen kleinen, eingeschränkten Mitteln sogar an der „Entwaffnung“ einer Armee beteiligt und habe ein Stück Kontrolle und Würde zurückerhalten, die wir immer an der Grenze abgeben mussten.
Seit dem fantastischen Fall der Grenze im Jahr 1989 und der Wiedervereinigung 1990 habe ich mich mit dem Trauma „Geteiltes Deutschland“ und seinen Konsequenzen auseinandergesetzt.
Ich habe ein Segment der Berliner Mauer erworben unter dem Motto:
Lieber die Berliner Mauer in Stücken über die ganze Welt verteilen, als jemals wieder zusammenhängend in Berlin erleben!
Auch die Gelegenheit, das Cockpit einer MiG-21 zu erwerben und auf unser Gemüsebeet zu stellen habe ich gerne wahrgenommen. Zum einen, um als Luftfahrtfreak eine komplette Schnittstelle zwischen Mensch und Flugmaschine zu erhalten, zum anderen, weil es ein königliches Gefühl war, privat ein legendäres und für viele Jahre streng geheimes Teil aus dem Kalten Krieg zu besitzen.
Als Sammler liegt jedoch mein Schwerpunkt keinesfalls auf militärischen Exponaten der ehemaligen DDR. Diese sind lediglich durch ihre Größe besonders imposant und mächtig. Im Gegenteil bin ich sehr wohl auch mit DDR Design, Erzeugnissen wie ATA, ORWO-Filmen, Pentax Fotoapparaten, erzgebirgischen Räuchermännel und Kultfiguren wie das Sandmännchen, Pittiplatsch oder das Messemännchen beschäftigt. Ich besitze und bewahre auch einen zivilen Trabant 601, der zu unserer Familiengeschichte gehört. Meine Bibliothek an Literatur über die ehemalige DDR und seine Grenze ist ca. 1,8 Meter breit.
In diesem Gesamtkontext ist auch meine Wanderung entlang der ehemaligen Innerdeutschen Grenze, dem heutigen Grünen Band, zu sehen. Ich habe auf meinem 58 Tage dauernden Fußmarsch Spuren gesucht, Kontakte mit Zeitzeugen geknüpft und, soweit es sich mir erschlossen hat, geschaut, ob und was alles nach 22 Jahren zusammengewachsen ist.
Es ist richtig, dass die DDR und hier insbesondere die einstmals unüberwindbare Todesgrenze auf mich eine immense Faszination ausübt, weil sie während meines Lebens aufgebaut und auch wieder eingerissen wurde. Ich konsumiere nicht einfach, sondern setze mich aktiv mit unserer
jungen deutschen Geschichte auseinander und bin interessiert und neugierig, wie sich nach dem großen Weltkrieg ein Land in zwei völlig verschiedene Gesellschafts- und Staatsformen entwickeln konnte.
Es ist mir ein Bedürfnis, möglichst alle meine Sammelobjekte in seinem ursprünglichen Zustand zu erhalten oder in seinen Originalzustand zu versetzen. So schätze ich insbesondere Exponate, die bereits in Betrieb oder in Nutzung waren wesentlich mehr, als ein neues Stück. Flugzeugteile, die schon einmal in der Luft waren favorisiere ich ebenso, wie Exponate, die Geschichten zu erzählen haben.
Den Kübel-Trabant habe ich mit Hilfe von Fachleuten restauriert und mit original Teilen und Ausrüstungsgegenständen wie Werkzeuge, Funkgerätschaft, Beschriftungen etc. komplettiert.
Hier ist mir Authentizität oberstes Gebot. Als Sammler von Exponaten aus der Zeitgeschichte versuche ich unbedingt, musealen Ansprüchen gerecht zu werden.
Der Kübel-Trabant ist ein einzigartiges Zeugnis deutscher Geschichte. Ich habe den Armeekübel mit einer Puppe als Grenzsoldat ergänzt und somit ein mobiles Großdiorama geschaffen. Mein Kübel beschönigt, verschleiert und verharmlost nichts. Ganz im Gegenteil stellt er ein authentisches Grenzrelikt und Mahnmal des „Kalten Krieges“ dar, bei der die vorderste Front zweier hochaufgerüsteter Mächte durch die Mitte Deutschlands und Europas lief.
Hier trägt der Trabant als „Hingucker“ und Reizthema sicherlich zur Aufklärung, Aufarbeitung und wohl auch manchem kontroversen Gespräch bei. Gut so!
Ich fahre nicht einfach mit meinen Armeekübel über die Lande, sondern setze mich als Sammler und Lernender aktiv mit der ehemaligen DDR und der Innerdeutschen Grenze auseinander.
Ich bin ein unbedingter Befürworter der Wiedervereinigung und unterstütze das Naturschutzprojekt „Grünes Band Deutschland“.
Weiterhin bin ich sehr dankbar, dass ich in Westdeutschland geboren und so zu keinem Dienst an der ehemaligen Innerdeutschen Grenze verpflichtet werden konnte. So kam ich auch nie in die Verlegenheit und Not, einem Schießbefehl folgen zu müssen.
Noch ein paar Anmerkungen zu meiner Sammellust: Bei uns Männern sind die Triebe Jagen und Sammeln sicherlich in der Urgeschichte der Menschheit begründet. In diesem archaischen Verhaltensmuster ist der Keim zum Krieger aufgegangen, der jedoch in der Neuzeit anders zum Ausdruck kommt als bei den Höhlenmenschen oder im Mittelalter. Wie auch immer, wenn ein Mann nicht seinen Krieger erlebt und auslebt wird dies Auswirkungen auf sein männliches Verhalten haben.
Nur so kann ich es deuten, dass bei männlichen Wesen ein Faible für Waffen, Technik, Motoren, Outdoor-Equipment etc. ausgeprägt ist und bei sehr vielen eine Faszination für militärische Utensilien besteht.
Zum Jagen und Sammeln gehört der Erfolg und Erfolg macht bekanntlich stolz und sexy.
Ein Sammelobjekt erobert zu haben, welches nicht alltäglich ist, vergrößert das Selbstwertgefühl des Sammlers und erhöht seine Stellung unter Gleichgesinnten oder in der Gesellschaft. Er hat etwas Besonderes, er ist etwas Besonderes.
Für mich ist Sammeln auch die Möglichkeit, Kontakt zu machen, mich über das Sammelgebiet auszutauschen und mein Wissen zu erweitern. Unter anderem habe ich aus diesem Grund den Förderverein August-Euler-Luftfahrtmuseum e.V. gegründet.
Der Unterhaltungswert ist sicherlich dem Sozialeffekt und der Wissenserweiterung gleichzusetzen.
Auch Wertsteigerungen von Sammelobjekten können beachtlich sein, hoffentlich auch in meinem Fall.
Ich bin kein Sammler von Militaria und es ist nicht meine Absicht, Krieg zu verherrlichen, Menschen zu diffamieren oder zu schädigen. Davon distanziere ich mich ausdrücklich.
Ich weiß, dass mein Vater, obwohl er sehr unter der Trennung unserer Familie und der Teilung Deutschlands gelitten hat, stolz auf meine DDR Exponate und den Kübel-Trabi gewesen wäre. Gerne wäre er mit seinem Sohn eine Runde gefahren, vielleicht sogar symbolisch über die ehemalige Grenze in seine alte Heimatstadt Dresden.
Die großartige Wiedervereinigung hat er leider um drei Jahre verpassen müssen.
Auch wenn es schwierig und unbequem ist, einen Trabant-Kübel zu fahren, so bereitet es mir doch eine große Lust und Genugtuung, einen Kübel-Trabant zu besitzen.
Aber zugegeben:
Es gibt im Leben immer unterschiedliche Sichtweisen.